Bjoern Hoecke

Sachsen-Anhalt Thüringer AfD-Chef Höcke zu Geldstrafe verurteilt

Stand: 14.05.2024 23:00 Uhr

Im Prozess gegen Björn Höcke vor dem Landgericht Halle ist am Dienstag ein Urteil gefallen. Das Gericht verurteilte den AfD-Politiker zu einer Geldstrafe. Dem AfD-Politiker wurde das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zur Last gelegt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Bewährungsstrafe, die Verteidigung einen Freispruch.

Von MDR SACHSEN-ANHALT

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Das Landgericht Halle hat den AfD-Politiker Björn Höcke wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll 100 Tagessätze je 130 Euro zahlen, urteilte das Landgericht Halle am Dienstagabend. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe vor Gericht zurückgewiesen.

Geldstrafe für Höcke

Im Prozess gegen Björn Höcke hatte die Verteidigung einen Freispruch gefordert. Der von Höcke genutzte Spruch "Alles für Deutschland" sei eigentlich vergessen gewesen, sagte Verteidiger Ralf Hornemann in seinem Schlussvortrag am Dienstag. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass ihn nun zahlreiche Menschen kennen würden. 

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Bewährungsstrafe gefordert. In seinem Schlussplädoyer hat Staatsanwalt Benedikt Bernzen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten gefordert, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt werden soll. Außerdem fordert die Staatsanwaltschaft, dass Höcke 10.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen soll. Höckes Behauptung, er habe nicht gewusst, dass es sich bei seiner Äußerung um eine verbotene SA-Parole handelte, wies Bernzen zurück. Für den Staatsanwalt sei die Parole ein "historischer Fakt".

Staatsanwalt: Höcke fiel mehrfach mit NS-Vokabular auf

Weiter sagte er, der "augenscheinlich fundierte NS-Sprachschatz des Angeklagten deutet auf Täterwissen hin". So habe Höcke auch an anderer Stelle NS-Vokabular verwendet, etwa als er den früheren Bundesminister und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel als "Volksverderber" bezeichnet habe. Es handle sich "um gezielte, planvolle Grenzüberschreitungen, um vermeintliche Denk- und Sprechverbote anzugreifen."

Einschätzung zum Urteil

Dem Thüringer AfD-Fraktionschef wurde vorgeworfen, bei einer Partei-Veranstaltung im Jahr 2021 in Merseburg öffentlich die verbotene Losung "Alles für Deutschland" der paramilitärischen NSDAP-Kampforganisation SA verwendet zu haben – in dem Wissen, dass sie verboten ist. Voraussetzung für den Prozess war, dass der Thüringer Landtag die Abgeordnetenimmunität von Höcke aufgehoben hat.

Höcke äußert sich vor Gericht zu den Vorwürfen

Höcke selbst gab im Laufe des Prozesses vor Gericht zu, die Worte "Alles für Deutschland" verwendet zu haben. Allerdings habe er nicht gewusst, dass es sich um eine verbotene SA-Parole handelt. Er erklärte, er sei "völlig unschuldig".

In seiner Einlassung beschrieb Höcke sich als "rechtstreuen Bürger". Der 52-Jährige hat in der Vergangenheit als Geschichtslehrer gearbeitet. Dass er Geschichte studiert habe, bedeute nicht, dass er von dem verbotenen SA-Slogan gewusst haben müsse, so seine Auffassung. Er bezeichnete ihn als "Alltagsspruch". Schon vor dem Prozess hatte Höcke seine Wortwahl verteidigt. Sie sei an das "America First" von Donald Trump angelehnt.

Der erste Prozesstag gegen Höcke in Halle

Aufgrund der großen Zahl an Prozessbeobachtern und Medienvertretern begann der erste Verhandlungstag gegen Höcke mit Verzögerung. Laut Polizei hatten außerdem rund 570 Menschen vor dem Gerichtsgebäude in Halle protestiert.

Auch nach Beginn wurde die Verhandlung kurzzeitig unterbrochen. Grund war unter anderem, dass Höckes Verteidigung eine durchgängige Audioaufzeichnung des Prozesses durchsetzen wollte. Das Gericht lehnte den Antrag auf Tonaufnahme ab. Richter Jan Stengel erklärte, ein faires Verfahren gegen Höcke sei durch die Ablehnung nicht gefährdet.

Zu den Vorwürfen geäußert hatte sich Höcke am ersten Verhandlungstag (18. April) nicht. Er werde sich später vor dem Landgericht Halle äußern und auch Fragen der Staatsanwaltschaft beantworten, erklärte einer seiner Verteidiger.

Demonstranten stehen vor dem Justizzentrum und halten ein Plakat mit der Aufschrift "Höcke den Prozess machen - Faschismus ist keine Alternative!"

Zu Beginn des Prozesses gegen Björn Höcke fand vor dem Justizzentrum Halle eine Demonstration statt.

Zweiter Prozesstag gegen Höcke in Halle: Video gezeigt und Zeuge vernommen

Am zweiten Prozesstag war ein Video der Kundgebung in Merseburg (Saalekreis) gezeigt worden, bei der Höcke die verbotene SA-Parole ausgesprochen haben soll. Beobachtern zufolge hat Höcke sich das Video nur teilweise angesehen. Die übrige Zeit habe er in Büchern gelesen, sich Notizen gemacht und mit seinen Anwälten gesprochen.

Zudem hat das Gericht einen Zeugen vernommen, einen Polizisten aus Halle. Dieser hatte die Anzeige angefertigt, die als Ausgangspunkt für den Prozess gilt. Die Anzeige erstattet hatte der Grünen-Politiker Sebastian Striegel im Mai 2021.

Dritter Prozesstag: Videos sollten zeigen, welche "Gesinnung aus der Tat spricht"

Der dritte Prozesstag um Björn Höcke am Landgericht Halle am 3. Mai verlief kürzer als erwartet. Grund waren neue Anträge, die die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung eingebracht haben. Die Anträge verhinderten, dass die Beweisaufnahme, wie ursprünglich geplant, geschlossen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass unter anderem verschiedene Videos zeigen sollten, welche "Gesinnung aus der Tat spricht". Eines der Videos sollte auch eine Rede zeigen, die Höcke im thüringischen Gera gehalten hat.

Beide Seiten beantragten außerdem die Einbeziehung mehrerer Presseberichte über Höcke. Die zuständige Kammer des Landgerichts sah sich nach Angaben der Gerichtssprecherin nicht in der Lage, über alle Anträge zu entscheiden. Im Hinblick auf einzelne Berichte und die Videos ist deshalb derzeit noch offen, ob sie in dem Prozess als Beweismittel dienen.

Weitere Verfahren um Björn Höcke

Höcke steht nicht nur in Halle vor Gericht. Auch am Landgericht Mühlhausen (Thüringen) wurde eine Anklage zugelassen – dort geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung. Außerdem gehe das Landgericht Halle davon aus, dass es ein weiteres Verfahren gegen den AfD-Spitzenkandidaten geben wird. Höcke soll die verbotene SA-Parole auch 2023 in Gera verwendet zu haben. Ursprünglich sollte dieser Vorfall zusammen mit dem jetzigen Fall verhandelt werden.

Keine Folgen für Höckes Spitzenkandidatur bei Thüringer Landtagswahl

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision ist innerhalb einer Woche möglich. Die Verteidigung hatte schon während des Prozesses angekündigt, im Falle einer Verurteilung Rechtsmittel einzulegen.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, gilt Höcke als vorbestraft. Im Bundeszentralregistergesetz ist geregelt, welche Strafen in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen werden. Bei Geldstrafen von weniger als 90 Tagessätzen ist das laut Paragraf 32 nicht der Fall. Direkte Folgen für seine Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl in Thüringen am 1. September gibt es mit dem jetzigen Urteil nicht. 

Der Verfassungsschutz in Thüringen stuft Höcke, der im Freistaat AfD-Landespartei- und Fraktionschef ist, als Rechtsextremisten ein. Auch die Landesverbände der AfD in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden als gesichert rechtsextremistisch geführt.

dpa, AFP, MDR (André Plaul, Lucas Riemer, Anja Höhne, Maren Wilczek, Anne Gehn-Zeller, Doreen Jonas, Marc Weyrich, Moritz Arand, Cynthia Seidel, Sebastian Gall) | Erstmals veröffentlicht am 18.04.2024